Die Zahl der erfassten Fälle von Gewalt in Partnerschaften hat in Deutschland weiter zugenommen. Im vergangenen Jahr wurden laut einer am Dienstag in Berlin veröffentlichten Statistik des Bundeskriminalamts 141.792 Menschen Opfer von Gewalt ihrer aktuellen oder früherer Partner. Das waren etwa 0,7 Prozent mehr als im Vorjahr. Vier von fünf Betroffenen waren Frauen (81 Prozent), einer von fünf männlich (19 Prozent). Die Hälfte der Opfer lebte zum Tatzeitpunkt mit Täter oder Täterin in einem Haushalt.
Im Jahr 2015 waren noch 127.457 Opfer von Mord und Totschlag, Körperverletzung, Vergewaltigung, sexueller Nötigung, Bedrohung und Stalking durch Partner oder Ex-Partner erfasst worden. Damals hatte das Bundeskriminalamt (BKA) diesen Bereich erstmals gesondert ausgewertet. 75 bis 80 Prozent der Betroffenen holten sich keine Hilfe, sagte Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD). Ermittler gehen davon aus, dass viele Taten unentdeckt bleiben. Auf der anderen Seite führe die gewachsene öffentliche Aufmerksamkeit auch dazu, dass mehr Fälle entdeckt werden, hieß es.
Insgesamt 149 Menschen wurden 2019 laut Statistik von Partnern oder Ex-Partnern getötet, davon waren 117 Frauen und 32 Männer. "Viele Frauen, aber auch Männer, sind zu Hause nicht sicher", sagte Giffey. Die Zahlen seien "schockierend", denn sie zeigten, dass an fast jedem dritten Tag in Deutschland eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet werde. Alle 45 Minuten werde - statistisch gesehen - eine Frau Opfer von vollendeter und versuchter gefährlicher Körperverletzung durch sogenannte Partnerschaftsgewalt.
Die Ministerin warnte zudem davor, dass in der Corona-Pandemie Berichten von Frauenhäusern, Beratungsstellen und Hilfetelefonen zufolge davon auszugehen sei, dass häusliche Gewalt eher weiter zunehme.
Betroffene sollten sich Hilfe holen, betonte Giffey. Damit dies häufiger geschehe, gebe es etwa ein bundesweites Hilfetelefon, die Initiative "Stärker als Gewalt", einen Runden Tisch für den Kampf gegen Gewalt an Frauen sowie ein Förderprogramm für Investitionen in Frauenhäuser und Beratungsstellen. Europaweit brauche es eine einheitliche Nummer für Hilfetelefone, forderte die Ministerin.
Wie Giffey und BKA-Chef Holger Münch rief auch Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) dazu auf, aufmerksam zu sein und Betroffene zu unterstützen. "Der Gewalt zu entkommen, sich und oft auch die eigenen Kinder zu schützen, kann sehr schwer sein." Die Justiz müsse Gewalt in Partnerschaften mit großer Entschiedenheit verfolgen.
Dazu kündigte die Justizministerin an, noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf vorzulegen, der Kontaktverbote auch nach Angriffen auf die sexuelle Selbstbestimmung des Opfers vorsehe. Bislang sind solche Verbote nach Verletzungen der Gesundheit und der Freiheit möglich. (Familienbund der Katholiken/KNA)