Die Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder soll vom Bund stärker gefordert werden. Das beschloss der Bundestag am Donnerstagabend mit den Stimmen von Union, SPD und Grünen. Danach soll das entsprechende Sondervermögen zur Unterstützung der Länder von bislang 2 Milliarden Euro um bis zu 1,5 Milliarden Euro aufgestockt werden. FDP, Linke und die AfD enthielten sich. Der Bundesrat muss sich mit dem Gesetz noch befassen. Union und SPD hatten sich im Koalitionsvertrag darauf verständigt, bis 2025 einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter einzuführen. Dazu müssen unter anderem mehr Betreuungsplätze geschaffen werden.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) erklärte dazu, mit der Zustimmung würden die Weichen für einen Rechtsanspruch auf eine Ganztagsbetreuung gestellt. Diese Möglichkeit sei ein "echter Gamechanger". So würden die Teilhabechancen von Kindern verbessert, die Familien gestärkt und der Gleichstellung von Frauen und Männern ein neuer Schub gegeben. Damit ein Rechtsanspruch noch in der aktuellen Legislatur rechtlich geregelt werden könne, müsse es noch in diesem Jahr eine Entscheidung geben. Dazu würden Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten Anfang Dezember zusammenkommen.
Kritik kam von der Opposition. So erklärte der FDP-Bundestagsabgeordnete Matthias Seestern-Pauly, der Entwurf hätte bereits im Sommer vorliegen müssen, um den Rechtsanspruch bis 2025 zu realisieren. Grüne und Linke beklagten, dass es nicht genügend Fachkräfte gebe, um eine Ganztagsbetreuung zu realisieren.
Das Armutsrisiko für Kinder und Jugendliche in Deutschland ist statistischen Angaben zufolge gesunken. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die von Armut und sozialer Ausgrenzung bedroht sind, betrug im vergangenen Jahr 15 Prozent, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag in Wiesbaden mitteilte. 2018 waren es 17,3 Prozent. 2010 waren noch 21,7 Prozent der unter 18-Jährigen einem Risiko für Armut und soziale Ausgrenzung ausgesetzt.
Allerdings stieg die Zahl der Fälle von Kindeswohlgefährdung im Jahr 2019 um zehn Prozent gegenüber dem Jahr zuvor. Im vergangenen Jahr wurde dies bei 55.500 Kindern und Jugendlichen festgestellt. Pro Tag waren im Schnitt 152 Jungen und Mädchen betroffen. Gründe dafür waren vor allem Vernachlässigung, psychische oder physische Misshandlungen sowie sexuelle Gewalt. Bereits von 2017 auf 2018 hatte sich die Zahl der betroffenen Kinder deutlich erhöht - um ebenfalls zehn Prozent.
Nur in 15 Prozent der 55.500 Fälle von Kindeswohlgefährdung in Deutschland im vergangenen Jahr kam der Hinweis von den Betroffenen selbst oder aus der eigenen Familie (8.600 Fälle). Bei etwa einem Fünftel kam der Hinweis an die Jugendämter aus sozialen Einrichtungen wie Beratungsstellen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe (12.000 Fälle). Auf jedes sechste betroffene Kind wurde aus Schulen und Kitas heraus aufmerksam gemacht (9.600 Fälle), auf jedes 14. Kind durch Gesundheitspersonal, etwa Ärzte und Hebammen.
Das Armutsrisiko für Kinder und Jugendliche in Deutschland lag 2019 mit 15 Prozent zwar deutlich unter EU-Durchschnitt. Im vergangenen Jahr war der Anteil allerdings in Slowenien (11,7 Prozent), Tschechien (13,0 Prozent), Dänemark (13,2 Prozent) und Finnland (14,3 Prozent) niedriger. Am höchsten war der Anteil in den südeuropäischen Staaten Rumänien (35,8 Prozent), Bulgarien (33,9 Prozent), Griechenland (30,5 Prozent) und Spanien (30,3 Prozent). Im EU-Durchschnitt war nahezu jedes vierte Kind (22,5 Prozent) einem Armutsrisiko ausgesetzt. (Familienbund der Katholiken/KNA)