Berlin, den 25. November 2019 – Der Familienbund der Katholiken begrüßt, dass sämtliche 16 Bundesländer nun Verträge im Rahmen des sogenannten „Gute-Kita-Gesetzes“ mit dem Bund abgeschlossen haben. Den Vertragsabschluss mit allen Ländern gab Bundesfamilienministerin Franziska Giffey am vergangenen Freitag (22.11.2019) zum Auftakt einer Fachtagung in Berlin bekannt. Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann sagte heute in Berlin: „Die Kitaqualität fristet hierzulande seit Jahren ein unwürdiges Schattendasein in der Familienpolitik. Der politische Wille, Kitas als Bildungseinrichtungen zu verstehen und ihre Qualität durch eine rasche Kofinanzierung durch den Bund anzuheben, ist richtig. Ein erster wichtiger Schritt ist dazu erfolgreich getan. Die vorgesehenen Finanzmittel müssen jedoch dauerhaft fließen und vor allem der Kitaqualität dienen. Fest steht auch: Die geplante Qualitätsoffensive für Kitas allein ist keine verantwortliche Zeitpolitik für Familien. Der Kitaausbau darf weitreichende, mutige und dringend nötige Instrumente nicht ersetzten, die Familien neben Erwerbsarbeit und Kita mehr Zeit für- und miteinander ermöglichen. Trotz allen familienpolitischen Engagements: Zeitpolitisch lebt die heutige Familienpolitik in der Eiszeit. Von Tauwetter keine Spur. Das ist bedrückend und muss sich rasch ändern. Eltern fordern heute Souveränität über ihre Zeit für die Familie.“
Giffey sagte am vergangenen Freitag weiter, dass sie sich mit Bundesfinanzminister Olaf Scholz einig sei, die Kofinanzierung der Kitas in Deutschland auch über 2022 hinaus durch den Bund fortsetzen zu wollen. Hoffmann erklärte: „Die Finanzmittel des Gute-Kita-Gesetzes dürfen keine kurzlebige Episode der Familienpolitik bleiben. Im Gegenteil: Aufgrund des großen Nachholbedarfs müssen die Finanzmittel nach 2022 jährlich um eine Milliarde erhöht werden. So ließe sich das eklatante Finanzdefizit der Kitas sukzessive begegnen und Wertverluste durch Inflation kompensieren.“ Experten schätzen den zusätzlichen Finanzbedarf der Kitas hierzulande auf jährlich rund 15 Milliarden Euro.
„Eltern, die ihre Kinder einer Kita anvertrauen, haben das Recht auf eine bestmögliche Förderung und Betreuung“, sagte Hoffmann. „Kinder befinden sich bis zur Einschulung in der lernfähigsten Phase ihres Lebens. Die Grundlagen elementarer Kulturtechniken und einer Qualifizierung für das Leben werden in der Vorschulzeit gelegt. Voraussetzung von Bildung ist aber immer, dass Kinder sich wohlfühlen und gut persönlich betreut werden. Deshalb ist ein guter Betreuungsschlüssel ein besonders wichtiges Qualitätsmerkmal.“ In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass der Einsatz der jetzt fließenden Finanzmittel durch ein Monitoring und eine Evaluierung valide begleitet werden müssen.
„Wie sollen Kinder stabile Bindungen aufbauen,
wenn Erzieher auf Jahre hinaus in Kitas in ausreichender Zahl fehlen werden?“
„Zu den größten Herausforderungen des Gute-Kita-Gesetzes gehört die Gewinnung von qualifizierten Fachkräften“, betonte Hoffmann. „Angesichts von Ausbildungskosten, geringer Bezahlung im Beruf und höchst anspruchsvoller Arbeit sind Nachwuchskräfte jedoch heute echte Mangelware.“ Hoffmann warnte: „Der Fachkräftemangel darf nicht dazu führen, dass Kitas auf nur unzureichend qualifiziertes Personal setzen. Das würde dem Qualitätsgedanken grundlegend widersprechen. Erschwerend kommt hinzu: Wie sollen Kinder stabile Bindungen aufbauen, wenn Erzieher auf Jahre hinaus in Kitas in ausreichender Zahl fehlen werden, die personelle Fluktuation hoch ist und Eltern mehr und mehr in die Erwerbsarbeit gedrängt werden, um Familienarmut zu vermeiden? Die Schlüsselfragen der Familienpolitik, sie bleiben auch durch das Gute-Kita-Gesetz unbeantwortet. Bei aller Diskussion um die Qualität der Kitas bleibt festzuhalten: Auch im Elternhaus können Kinder natürlich eine gute Förderung und Bildung erfahren. Man muss den Eltern nur die Zeit dafür geben.“
Durch das Gesetz erhalten die Bundesländer bis zum Jahr 2022 finanzielle Zuschüsse in Höhe von 5,5 Milliarden Euro für Qualitätsverbesserungen in Kitas. Jedes Land kann nach eigenem Ermessen die Finanzmittel für zehn festgelegte Aufgabenfelder verwenden. Nach Aussage des Bundesfamilienministeriums geben rund ein Drittel der Bundesländer die Finanzmittel für Gebührensenkungen aus, rund zwei Drittel für qualitative Verbesserungen wie einen höheren Betreuungsschlüssel, qualifizierte Fachkräfte, sprachliche Bildung oder bedarfsgerechte Angebote.