Berlin, 7. Mai 2020 – Von den gestern von der Bundesregierung beschlossenen Lockerungen der Corona-Schutzmaßnahmen profitieren nach Ansicht des Familienbundes der Katholiken Eltern und Kinder kaum, während sich die Lage vieler anderer Lebensbereiche spürbar entspannt. Der Verband kritisiert scharf die gesellschaftlichen Prioritäten, denen die Lockerungen folgen. Die Politik fordert der Familienbund auf, seinen gesamtgesellschaftlichen Umgang mit dem Corona-Virus zu korrigieren: Kitas und Schulen müssten rasch und in vollem Umfang unter Wahrung von Vorsichtsmaßnahmen öffnen. Alles andere sei Familien inzwischen kaum mehr zuzumuten. „Die Corona-Schutzmaßnahmen dürfen nicht länger vor allem auf dem Rücken von Familie lasten“, erklärte Hoffmann.
„Familien sind seit sieben Wochen immensen zusätzlichen Belastungen ausgesetzt, ohne nennenswerte staatliche Unterstützungen“, sagte Familienbund-Präsident Ulrich Hoffmann heute in Berlin. „Umso bestürzter bin ich jetzt, dass die jüngsten Lockerungen der Schutzmaßnahmen Eltern und Kinder weitgehend ignorieren. Das ist unzumutbar! Dabei machen Länder wie Island, Schweden und Dänemark durchaus erfolgreich vor, dass der Weg zu einer allmählichen Wiederherstellung der gesellschaftlichen Normalität bei jenen beginnen muss, die einen unverzichtbaren gesellschaftlichen Beitrag leisten, die einen Anspruch auf gesellschaftliche Solidarität haben und in der Corona-Krise neben dem Beruf oft über die Belastungsgrenze hinaus zahlreiche zusätzliche familiäre Auf-gaben bewältigen müssen – bei Eltern und ihren Kindern und damit auch in Kita und Schule. Kinder haben ein Recht auf Bildung und Förderung für ihre altersgerechte geistige und körperliche Entwicklung. Sie haben auch ein Recht auf Unversehrtheit! Kinder ein halbes Jahr in einem Zustand der Quasi-Quarantäne von diesen Rechten auszunehmen, ist ein inakzeptabler Grundrechtseingriff, hat mit Generationengerechtigkeit nichts zu tun und ist auch nicht durch die aktuelle wissenschaftliche Studienlage gedeckt.“
„Familien erwarten aber nun auch mit großer Dringlichkeit andersherum Solidarität mit den Kindern und ihren Eltern“
„Familien trugen und tragen in großer Solidarität mit ihren älteren Angehörigen und der ganzen Gesellschaft die nötigen Einschränkungen mit“, sagte Hoffmann weiter. „Sie erwarten aber nun auch mit großer Dringlichkeit andersherum Solidarität mit den Kindern und ihren Eltern. Diese Solidarität mit Kindern und Familien vermisse ich in den Entscheidungen der Bundesregierung und der Landesregierungen“, beklagte Hoffmann. „Eltern und ihre Kinder gehören in aller Regel nicht zur Risikogruppe. Familien sind unter Einhaltung der inzwischen landesweit verinnerlichten Rücksichtnahme auch keine für Übertragungen besonders prädestinierte Gruppe. Hinzu kommt, dass wir uns in einer Phase der Pandemie befinden, in der wir das Risiko des Corona-Virus weitaus besser einschätzen können, als noch im Januar. In Abwägung mit den enormen auch psychischen Folgeschäden bei Kindern und Jugendlichen ist es verhältnismäßig und unbedingt erforderlich, Kitas und Schulen wieder zu öffnen.“
Die Folgen der aktuellen Politik bezeichnete Hoffmann als Paradox: „Familien dürfen jetzt besichtigen, wie Mitte des Monats der Spielbetrieb der Bundesliga wieder anläuft und sämtliche Geschäfte wieder öffnen, während in Kitas bestenfalls die Notbetreuung etwas erweitert wird und die Länder weiter an einer mehr schlecht als recht funktionierenden Mischung aus Teilzeitunterricht und Homeschooling experimentieren. Einer raschen und vollständigen Öffnung von Kitas und Schulen – auch unter Einhaltung von Infektionsschutzmaßnahmen – kommt die Politik nicht nach, obwohl gerade dadurch Familien in Zeiten von Corona deutlich entlastet werden könnten. Bund und Länder müssen ihren Kurs im gesamtgesellschaftlichen Umgang mit dem Corona-Virus rasch korrigieren. Dafür zu kämpfen, müsste auch der Bundesfamilienministerin ein großes Anliegen sein. Wie auch immer es mit dem Corona-Virus weitergehen wird. Sicher ist: Bis Ende August wird der Akku vieler Familien kaum noch halten, um die immensen Belastungen zu bewältigen.“