Während die Zahl von Mädchen mit einer Diagnose wie Essstörung, Depression oder Angststörung während der Pandemie deutlich angestiegen ist, war sie bei Jungen laut einer Studie rückläufig. So wurde beispielsweise in der Altersgruppe der 10- bis 14-Jährigen bei den Mädchen ein Anstieg von Depressionsdiagnosen um 23 Prozent festgestellt, wohingegen bei Jungen 17 Prozent weniger neue Diagnosen einer Depression als im Vorpandemiejahr 2019 gestellt wurden. Dies geht aus dem am Dienstag in Berlin vorgestellten "Kinder- und Jugendreport" der Krankenkasse DAK, des Instituts Vandage und der Universität Bielefeld hervor. Die Studie wertete die Versorgungsdaten von 782.000 DAK-Versicherten bis 17 Jahren aus.
Im Vergleich der Jahre 2019 und 2021 stiegen laut Studie Essstörungen bei Mädchen im Alter von 15 bis 17 Jahren um 54 Prozent an, bei Jungen sanken dagegen die Zahlen neudiagnostizierter Fälle um 4 Prozent. Kinder- und Jugendpsychiater Christoph Correll zeigte sich besorgt, Jungen könnten Bewältigungsstrategien wählen, "die unter dem Radar laufen". Er rechnet nach eigenem Bekunden mit einer hohen Dunkelziffer psychisch erkrankter Minderjähriger. Warnzeichen könnten ein sozialer Rückzug, Schlafstörungen, Leistungsabfall in der Schule, starke Gewichtskontrolle sowie der Missbrauch von Substanzen oder Spielen sein.
Auffällig ist laut DAK ein Trend zum verstärkten Einsatz von Medikamenten bei psychischen Erkrankungen. "Der explosionsartige Anstieg bei der Verschreibung von Antidepressiva ist sehr bedenklich", sagte der Präsident des Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach. Insgesamt wurden laut Studie im Jahr 2021 weniger Kinder und Jugendliche in deutschen Arztpraxen und Krankenhäusern behandelt.
Die Studie verzeichnete einen Anstieg von fettleibigen Kindern, gerade für Jungen aus sozial schwachen Familien. Der Vorstandsvorsitzende der DAK-Gesundheit, Andreas Storm, warnte: Bei sozial schwächeren Minderjährigen bestehe durch die Pandemie die Gefahr, dass sie noch stärker abgehängt werden, als es bisher der Fall sei.
Die DAK forderte eine "konzertierte Aktion" für die junge Generation gemeinsam von Bund, Ländern, Kommunen und Experten aus allen beteiligten Bereichen. Für eine haltgebende Alltagsstruktur und Bewegung müssten Schulen, Sportvereine und Kinder- und Jugendarbeit im nächsten Corona-Winter offen bleiben. (KNA)