Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) will neue Geldquellen für die Sozialversicherung erschließen und unter anderem die zusätzliche Wertschöpfung durch den vermehrten Einsatz von Künstlicher Intelligenz besteuern. "Zur Finanzierung des Sozialstaats werden wir in den kommenden Jahrzehnten neue Lösungen finden müssen", sagte Heil der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). "Wir sollten etwa darüber nachdenken, wie wir mehr Menschen in die Rentenversicherung einbeziehen können", sagte der Minister. Es gehe nicht nur um die Einbeziehung von Selbstständigen, sondern auch weiterer Berufsgruppen. Darüber hinaus solle die Rendite der Digitalisierung gerecht verteilt werden, sagte Heil. Eine Robotersteuer hatte der Minister unlängst zwar abgelehnt, eine mögliche Wertschöpfungsabgabe bisher aber nicht. Heil will am heutigen Montag unter dem Titel "Neue Arbeit, neue Sicherheit" einen deutschlandweiten "Zukunftsdialog" zum Sozialstaat starten. Geplant sind bis Frühjahr 2019 vier so genannte Bürgerforen in Jena, Augsburg, Essen und Bremerhaven, bei denen der SPD-Politiker mit Bürgern über die Zukunft des Sozialstaats diskutieren will. "Mein Ziel ist, dass die Menschen wieder mehr Vertrauen haben in die Handlungsfähigkeit des Staates und demokratische Politik", sagte Heil. "Es gibt Zukunftsängste auch bei denen, denen es gut geht. Sie werden geschürt von politischen Scharlatanen. Denen wollen wir etwas entgegensetzen", sagte der SPD-Politiker.
Angesichts der fortschreitenden Alterung der Gesellschaft sind nach Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) bis 2035 mindestens 175.000 zusätzliche Altenpfleger notwendig. Um einen Kollaps in der Pflege abzuwenden, müssten Bund und Länder bessere Rahmenbedingungen schaffen und den Beruf auch durch bessere Bezahlung attraktiver machen, forderte IW-Direktor Michael Hüther am Montag in Berlin. Als wesentliche Maßnahmen nannte er die Weiterbildung von Pflegehelfern, die Digitalisierung, Bürokratieabbau und eine Gewinnkomponente für Träger von Pflegeeinrichtungen. Hüther stellte eine Studie des IW vor, wonach bei steigender Lebenserwartung bereits bis 2025 rund 76.000 zusätzliche Fachkräfte notwendig sind. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) verwies auf das von der Bundesregierung verabschiedete Pflegesofortprogramm sowie die "Konzertierte Aktion" aller im Pflegebereich Tätigen. "Wir werden mehrere zehntausend Pflegekräfte zusätzlich benötigen in den nächsten Jahren. Und die finden wir nur, wenn wir den Beruf attraktiver machen, besser bezahlen und auch Fachkräfte aus dem Ausland anwerben", sagte er. Bessere Pflege koste auch mehr. "Ab dem nächsten Jahr werden wir die Beiträge um 0,5 Prozentpunkte anheben müssen", bekräftigte Spahn. Hüther kritisierte eine zu starke Regulierung im Pflegebereich, die die Anbieter hemme. Es sei zwar richtig, auf gute Qualität zu achten. Die Regulierung verhindere aber teilweise praktikable Lösungen. So schrieben manche Bundesländer etwa von der Heimgröße über Zimmerangebote bis hin zur Fachkräftequote alles vor. Spahns Reformvorhaben gingen zwar in die richtige Richtung, reichten aber nicht aus, so Hüther. "Solange sich die Strukturen, in denen sich die Pflegeanbieter bewegen, nicht ändern, sind auch kurzfristig bereitgestellte Mittel, die durch den Bund verordnet sind, nicht nachhaltig", so Hüther. Wesentlich sei die Klärung der Finanzierung. Dabei müsse die gesetzliche Pflegeversicherung zu einer "echten Teilleistungsversicherung ausgebaut werden". Ferner müsse darüber gesprochen werden, ob dies ausreiche. Sollte eine Vollversicherung angestrebt werden, biete sich ein kapitalgedecktes System an. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz warnte unterdessen vor Angstmache. "Es ist nicht neu, dass die Zahl der Pflegebedürftigen in der Zukunft steigen wird", sagte Vorstand Eugen Brysch. "Die Herausforderungen an die Pflege der Zukunft sind zu meistern, wenn alle an einem Strang ziehen." Hier sei auch der Staat gefordert; er müsse mehr Verantwortung übernehmen. "Die Pflegebedürftigen und ihre Angehörigen können das nicht allein stemmen."
Kurz vor der Einbringung des Haushaltsentwurfes 2019 in den Bundestag wünscht sich eine große Mehrheit der Menschen in Deutschland einer Umfrage zufolge mehr staatliche Ausgaben für Pflegekräfte. 95 Prozent sprechen sich dafür aus, dass die Bundesregierung Steuereinnahmen verstärkt für zusätzliche Pflegekräfte und deren bessere Bezahlung ausgeben soll, wie die "Bild am Sonntag" unter Berufung auf Ergebnisse einer Emnid-Umfrage berichtet. Zweites Top-Thema für zusätzliche Investitionen sind demnach Schulen. 92 Prozent der Befragten wünschten sich, dass die Bundesregierung mehr Geld in Sanierung und moderne Technik in Schulgebäuden stecken solle. Knapp neun von zehn Deutschen sorgten sich um Lehrermangel. 88 Prozent sprechen sich laut Umfrage dafür aus, verstärkt Lehrer einzustellen und deren Gehälter zu erhöhen. Mehr Geld für die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern fordern laut Bericht 41 Prozent der Deutschen. Hierbei gebe es allerdings deutliche Unterschiede zwischen West und Ost: Während im Westen 44 Prozent dafür seien, seien es im Osten 31 Prozent. Umgekehrt sehe es bei Hartz IV aus. 51 Prozent der Ostdeutschen wünschten sich eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze, im Westen seien es 37 Prozent. Insgesamt sprechen sich demnach 40 Prozent für höhere Sätze aus. Schlusslicht auf der Wunschliste der Befragten ist das Thema Verteidigung. Nur jeder Dritte ist laut Umfrage dafür, dass mehr Geld für Verteidigung ausgegeben wird (36 Prozent). Bei der Umfrage seien Mehrfachnennungen möglich gewesen, so die Zeitung. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)