Deutschland am Tag nach der Bundestagswahl 2017: Die Union gewinnt zwar klar die Bundestagswahl, muss aber mit 8,5 Prozentpunkten deutliche Verluste hinnehmen. Deren bisheriger Koalitionspartner, die SPD, fällt auf einen neuen historischen Tiefstand von 20,5 Prozent, noch einmal 5,2 Prozentpunkte weniger als vor vier Jahren. Die rechtsradikale AfD zieht mit 12,6 Prozent erstmals in den Bundestag ein und wird drittstärkste Kraft. Im Parlament wieder vertreten ist die FDP mit 10,7 Prozent. Die Linke erreicht 9,2 Prozent, die Grünen 8,9 Prozent. Nach den historischen Verlusten von Union und SPD schließt Parteichef Schulz ein neues Bündnis mit der CDU aus. Der Union bleibt damit zur Regierungsbildung nur eine Koalition mit FDP und Grünen. Die österreichische Nachrichtenagentur APA analysiert die inhaltlichen Hürden einer Jamainka-Koalition auf Bundesebene in Deutschland, zum Beispiel beim Thema Flüchtlinge: Die Grünen seien für Flüchtlingskontingente und humanitäre Visa, die eine sichere Flucht ermöglichen solle. Zudem wollen sie den ausgesetzten Familiennachzug bei Flüchtlingen mit subsidiärem Schutz wieder ermöglichen. Demgegenüber trete die FDP dafür ein, Kriegsflüchtlingen lediglich einen "vorübergehenden humanitären Schutz" zu geben, "der auf die Dauer des Kriegs begrenzt ist". Auch die Union trete für eine eher härtere Gangart ein: "Eine Situation wie im Jahr 2015 soll und darf sich nicht wiederholen", heißt es im gemeinsamen Wahlprogramm von CDU und CSU mit Blick auf den damaligen starken Zuzug von Flüchtlingen. Die CSU poche überdies auf eine Obergrenze von 200.000 Flüchtlingen pro Jahr. Auch bei der Sozialpolitik unterscheiden sich die drei Parteien deutlich voneinander: Die Grünen treten für eine Bürgerversicherung bei Pensionen und Gesundheit ein, heißt es bei APA, in die etwa auch Selbstständige einzahlen. Dies würde in letzter Konsequenz auf das Ende des Nebeneinanders von gesetzlicher und privater Krankenversicherung hinauslaufen. Die FDP marschiere genau in die entgegengesetzte Richtung. Sie kritisiere die Bürgerversicherung als "staatliche Zwangskasse" und will das Nebeneinander von gesetzlicher und privater Versicherung beibehalten. Auch die Union stelle das bisherige System nicht infrage – bei der Gesundheit ebenso wie bei den Pensionen. Die anstehenden Koalitionsverhandlungen dürften somit herausfordernd werden.
Papst Franziskus zeigt sich besorgt über zunehmenden Fremdenhass, Intoleranz und Diskriminierung in Europa. Oft steckten dahinter Angst und Misstrauen gegenüber dem Anderen und der Verschiedenheit, sagte er am Freitag bei einer Audienz für die Migrationsbeauftragten innerhalb der europäischen Bischofskonferenzen im Vatikan. In Deutschland gilt ab dem 1. Oktober das Gesetz zur "Ehe für alle": Standesämter sind vorbereitet und die Kritiker zweifeln weiter. Außerdem lesen wir heute: Der neue Bundestag muss sich nach den Worten der Präsidentin des Bundesgerichtshofs (BGH), Bettina Limperg, "schleunigst" mit offenen Fragen der Reproduktionsmedizin befassen. Das Thema komme "mit großer Wucht" auf die Gesellschaft zu. Limperg sprach zum Auftakt des Bundeskongresses des Deutschen Juristinnenbundes.
(Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai)