Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) will noch in diesem Jahr ein Gesetz zur Qualität der Kindertagesstätten und der Kindertagespflege in die parlamentarische Beratung einbringen. Dies kündigte Giffey am Mittwoch vor dem Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend an. Ziel des Gesetzes sei es, bundesweit gültige Qualitätskriterien für die Kinderbetreuung festzulegen und die Gebühren für Kitas zu senken. Gemeinsam mit den Ländern habe man sich auf verschiedene Instrumente, etwa beim Betreuungsschlüssel, geeinigt, führte die Ministerin aus. Vorbereitet werden soll in diesem Jahr danach auch die Verankerung auf Ganztagsbetreuung von Kindern im Grundschulalter im Achten Buch Sozialgesetzbuch. Dieses Gesetzesvorhaben werde allerdings noch etwas mehr Zeit in Anspruch nehmen, so Giffey. In die Ressortabstimmung zwischen den zuständigen Ministerien solle zudem die geplante Erhöhung des Kinderzuschlags gehen. Es sei ein "Fehlanreiz", wenn der Kinderzuschlag gänzlich entfalle, wenn eine Mutter sich entschließe, etwas mehr zu arbeiten und zu verdienen, sagte Giffey. Diese "harte Abbruchkante" soll durch ein stufenweises Abschmelzen des Kinderzuschlages ersetzt werden, kündigte sie an. Ministerin Giffey kündigte weiter an, die sozialen Berufe in Deutschland aufzuwerten. In Zusammenarbeit mit dem Arbeitsministerium solle deshalb ein Gesetz vorgelegt werden, um die Ausbildung, die Arbeitsbedingungen und die Bezahlung im Pflegebereich zu verbessern. Geplant sei eine kostenfreie Ausbildung beziehungsweise Umschulung zur Pflegekraft.
Der Fachkräftemangel in der Pflege hat dramatische Ausmaße. Bundesweit sind derzeit 36.000 Stellen unbesetzt. Das teilte die Bundesregierung auf eine Anfrage der Grünen-Bundestagsfraktion mit. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums verwies am Mittwoch auf ein im Koalitionsvertrag vereinbartes Sofortprogramm von 8.000 zusätzlichen Pflegestellen; dies sei allerdings nur ein erster Schritt. Opposition und Verbände bezeichneten das Sofortprogramm als bei weitem nicht ausreichend und sprachen von einem "schlechten Witz". Laut Regierung fehlen in der Altenpflege 15.000 Fachkräfte und 8.500 Helfer. In der Krankenpflege gab es 11.000 offene Fachkräftestellen und 1.500 unbesetzte Helfer-Jobs. Das gehe aus Zahlen der Bundesagentur für Arbeit hervor. Derzeit kommen in der Altenpflege auf 100 offene Stellen bundesweit lediglich 21 arbeitslose Fachkräfte. In der Krankenpflege standen 100 offene Stellen durchschnittlich 41 arbeitslosen Fachkräften gegenüber. Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe erklärte dazu, diese Zahlen seien nur die Spitze des Eisberges. "Wir wissen, dass die meisten Arbeitgeber ihre freien Stellen gar nicht mehr bei der Bundesagentur melden, da diese nicht mit Arbeitssuchenden helfen können" sagte Präsidentin Christel Bienstein. Für die SPD-Bundestagsfraktion erklärte die pflegepolitische Sprecherin Heike Baehrens, das Sofortprogramm sei ein realistischer erster Schritt, dem aber unbedingt weitere folgen müssten. Notwendig sei eine Zusammenarbeit der unterschiedlichen politischen Ebenen und aller an der Pflege beteiligten Akteure, um Bezahlung und Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte zu verbessern. Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche sagte der "Berliner Zeitung", die Zahlen zeigten, dass der Arbeitsmarkt für Pflegekräfte leergefegt sei. Die im Koalitionsvertrag vereinbarten 8.000 zusätzlichen Stellen seien "ein schlechter Witz", kritisierte sie. "Wir fordern ein Pflege-Sofortprogramm mit 50.000 seriös finanzierten zusätzlichen Stellen in Krankenhäusern und der Altenpflege." Erforderlich seien zudem stärkere Anreize, um Pflegekräften die Rückkehr in den Beruf und die Aufstockung auf Vollzeit zu erleichtern. Die Linke erklärte, die Bundesregierung habe geradezu einen Raubbau an Fachkräften in der Pflege betrieben. "Die Pflegestärkungsgesetze gingen allesamt zu ihren Lasten", sagte die pflegepolitische Sprecherin Pia Zimmermann. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz erklärte, Krankenhäuser und Pflegeheimbetreiber hätten jahrelang auf Kosten der Pflegekräfte gespart. Der Pflegekritiker Claus Fussek sagte im SWR, eine unbequeme Wahrheit sei, dass ein großer Anteil der derzeit tätigen Pflegekräfte für den Beruf ungeeignet sei. "Die haben in diesem Beruf nichts zu suchen." Den Pflegekräften hielt der Kritiker vor, sie schafften es nicht, sich zu solidarisieren. Nicht einmal zehn Prozent der Pflegekräfte seien gewerkschaftlich organisiert.
Mitglieder der Bundesregierung haben sich am Mittwoch zu einem Gespräch über Neuregelungen zum Werbeverbot für Abtreibungen getroffen. Zum Inhalt der Gespräche, an denen unter anderem Justizministerin Katarina Barley (SPD) und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) teilnahmen, wollten deren Sprecher nichts sagen. Sie seien aber "sehr konstruktiv" gewesen. Barley wolle nun "zeitnah einen Entwurf vorlegen", so deren Sprecherin. Ein Sprecher des Gesundheitsministeriums sprach von einem "guten Geist, eine Lösung zu finden". Er erinnert zugleich an die Haltung von Spahn. Danach sollen sich Frauen gut informieren können. Dies sei aber auch ohne eine Änderung des Paragraphen 219a möglich. Über das Werbeverbot wird seit Monaten diskutiert. Der Paragraf soll verhindern, dass ein Schwangerschaftsabbruch als normale ärztliche Leistung dargestellt und kommerzialisiert wird. Die katholische Kirche ist für die Beibehaltung des Werbeverbots. Es stelle eine wichtige Säule des Anfang der 1990er Jahre gefundenen Kompromisses über Abtreibung dar, zu dem auch die Beratungspflicht gehöre. Unterdessen erklärte die Grünen-Sprecherin für Frauenpolitik, Ulle Schauws, die SPD solle endlich handeln. Paragraf 219a müsse aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden, forderte sie. Die parlamentarische Mehrheit dafür wäre vorhanden, sobald die SPD sich wieder dem interfraktionellen Bündnis anschließe, das seit dem vergangenen Jahr an einer guten Gesamtlösung arbeite. Im Bundestag gibt es bereits drei Gesetzentwürfe von der Linken, den Grünen und der FDP. Linke, Grüne und der Bundesratsantrag fordern die ersatzlose Streichung des Werbeverbots; die FDP plädiert für eine Änderung. Die SPD, die ebenfalls einen Entwurf einbrachte, hat diesen nicht zur Abstimmung gestellt, um den Koalitionsfrieden zu wahren. Der Bundesrat beschäftigt sich am Freitag ebenfalls mit dem Thema. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)