Die SPD lotet intern weiter aus, ob sie eine vierte große Koalition im Bund nach dem Scheitern der Jamaika-Sondierungen doch noch eingehen will. Belastet werden diese Überlegungen nicht zuletzt durch Bundesagrarminister Christian Schmidt (CSU), der – wie sich nun herausstellt – im Alleingang und gegen die Geschäftsordnung der amtierenden Bundesregierung für einen weiteren Einsatz des strittigen Unkrautvernichters Glyphosat auf europäischer Ebene hat stimmen lassen. Die SPD ist verärgert. Die Vertrauensbildung vor Gesprächen zwischen Union und SPD für eine mögliche große Koalition könnten besser sein. Die Kanzlerin erteilt Schmidt dafür eine Rüge und belässt ihn im Amt.
Bedenkenswert ist heute der Befund, den Kardinal Reinhard Marx Europa ausstellt: "Europamüdigkeit" und eine "Akzeptanzschwäche für die europäische Idee" beklagt der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz. Zwar habe der europäische Einigungsprozess Aussöhnung, Frieden und Sicherheit gebracht, heißt es in einer am Montagabend in Berlin vorgestellten Publikation. Doch blieben diese Errungenschaften "für viele Bürger blass und unnahbar". In vielen Ländern ist laut Marx die Unterstützung für das europäische Projekt im Zuge der Finanz- und Wirtschaftskrise gesunken. "Die europäischen Institutionen werden als fern und unkontrollierbar wahrgenommen", so der Präsident der EU-Bischofskommission COMECE. Hinzu komme eine generelle Politikverdrossenheit in zahlreichen EU-Ländern. Vertrauen sei verspielt worden durch überzogene persönliche Ambitionen, fehlende Visionen, wahltaktische Manöver und nicht gehaltene Versprechen von Politikern. Die Europamüdigkeit habe populistischen Bewegungen und Parteien Auftrieb gegeben, schreibt der Münchner Erzbischof. Sie seien "Blüten des Egoismus", zitiert Marx ein Wort von Papst Franziskus. Daran knüpfen die beiden großen Kirchen in Berlin direkt an: Sie dringen auf eine stärkere politische Auseinandersetzung mit dem Rechtspopulismus. So müsse den Kritikern jeglicher Zuwanderung deutlich gemacht werden, dass die kulturelle Identität eines Volkes nicht für immer festgelegt sei, sondern sich weiterentwickle, sagte der katholische Erzbischof Heiner Koch am Montagabend in Berlin. Er räumte zugleich ein, dass Fundamentalkritik an einer pluralen Gesellschaft etwa von Pegida-Anhängern aus starken "Ohnmachtsgefühlen" gespeist werde, die sehr schwer zu entkräften seien. Der evangelische Bischof Markus Dröge äußerte Verständnis für den Wunsch, die eigene kulturelle Identität zu pflegen. Zugleich wandte er sich dagegen, das Christentum zu missbrauchen, "um andere abzuwerten". Zur Botschaft Jesu gehöre vielmehr, sich auch ausgegrenzten Menschen zuzuwenden. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai)
Presseschau des Tages // 29.11.2017
Donnerstag 30. November, 2017
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