Die SPD konkretisiert ihre Pläne für eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung. Alle aktuellen Leistungen wie etwa Kindergeld, Kinderzuschlag, Bildungs- und Teilhabepaket oder Hartz IV sollen demnach künftig zu einem Paket mit einer festen monatlichen Zahlung je Kind zusammengefasst werden, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag) berichten. Unbürokratisch und leicht verständlich solle die Kinderabsicherung sein, heißt es in dem SPD-Konzept "Ein neuer Sozialstaat für eine neue Zeit", das den Blättern vorliegt. Kinder von Alleinerziehenden oder Hartz IV beziehenden Eltern sollen danach vom Staat künftig mehr Geld erhalten als der Nachwuchs wohlhabender Familien. Sie profitieren derzeit durch den Kinderfreibetrag bei der Steuer zusätzlich. "Wir wollen, dass Kinder als Teil ihrer Familie betrachtet werden", heißt es weiter. "Deswegen orientiert sich die Kindergrundsicherung am Einkommen der Eltern und schmilzt mit steigendem Einkommen ab." Wie teuer die neue Leistung für den Staat werden würde, lässt die SPD laut dem Bericht offen. Die Parteispitze will die Vorschläge bei einer Klausur am Sonntag in Berlin beraten und anschließend ausloten, was davon mit dem Koalitionspartner CDU/CSU umgesetzt werden kann. Ein Bündnis aus Verbänden und Wissenschaftlern fordert derweil eine Grundsicherung für Kinder in Höhe von 628 Euro im Monat. In ihr sollen ebenfalls andere Leistungen aufgehen. Mitglieder des Bündnis Kindergrundsicherung sind unter anderen das Deutsche Kinderhilfswerk, der Deutsche Kinderschutzbund und Wohlfahrtsverbände sowie die Soziologen Jutta Allmendinger und Klaus Hurrelmann. "Was wir brauchen, ist eine Leistung, eine echte Kindergrundsicherung, und die muss unbürokratisch, effizient, gerecht und auskömmlich sein", sagte der Sprecher des Bündnisses, der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbandes, Ulrich Schneider. Die Höhe der geforderten Kindergrundsicherung basiere auf dem neuen Existenzminimumbericht der Bundesregierung, hieß es. Mit steigendem Haushaltseinkommen solle die Leistung langsam sinken. Auch Linke und Grüne befürworten eine Grundsicherung für Kinder. Grünen-Chefin Annalena Baerbock nannte sie überfällig. Sie solle automatisch und ohne kompliziertes Antragsverfahren ausgezahlt werden. Konkret schwebe den Grünen ein garantierter Betrag für alle Kinder vor. Hinzu solle ein variabler Betrag kommen, der sicherstelle, dass auch wirklich alle Kinder bekämen, was sie zum Leben brauchten.
SPD-Chefin Andrea Nahles will für einen Umbau des Sozialstaates Hartz IV abschaffen - stößt damit aber auf viel Kritik. Kern ihres Konzepts "Sozialstaat 2025" sei eine neue Grundsicherung als "Bürgergeld", hatte Nahles dem RedaktionsNetzwerk Deutschland gesagt. Außerdem solle die Bezugsdauer für das Arbeitslosengeld I für ältere Erwerbslose verlängert werden. Mit dem Bürgergeld lasse man Hartz IV hinter sich und stelle das System wieder "vom Kopf auf die Füße". So sollen etwa auch Sanktionen für Leistungsbezieher gestrichen werden. Politiker von Union und FDP reagierten mit Unverständnis auf die Pläne. "Der Vorschlag stellt das gut austarierte System von Fordern und Fördern infrage. Es droht sogar zu kippen", sagte der Vize-Fraktionschef der Union im Bundestag, Carsten Linnemann, dem RND (Donnerstag). FDP-Chef Christian Lindner warf Nahles vor, mit ihrem Konzept an der Realität vorbei zu agieren. "Völlig aus der Zeit gefallen ist ihr Frühverrentungsprogramm für Ältere. Deren Beschäftigungschancen sind besser denn je", sagte Lindner ebenfalls dem RND. "Fünf Jahre Leistungsbezug ohne jeden Druck vergrößern nur die Gefahr, dass die Chancen von Älteren auf dem Arbeitsmarkt wieder sinken." Bei der Linkspartei stieß das Konzept, das bei einer Klausurtagung des SPD-Parteivorstands am 10. und 11. Februar in Berlin beschlossen werden soll, auf Ablehnung. Es sei "empörend", dass Nahles an den niedrigen Hartz-IV-Sätzen sowie an Sanktionen gegen Hartz-IV-Bezieher festhalte, sagte Kipping dem Berliner "Tagesspiegel" (Donnerstag). "Daran zeigt sich, dass die SPD-Vorsitzende nicht wirklich den Mut hat, sich von der Agenda 2010 zu verabschieden." Nur eine echte Abkehr vom Hartz-System könne der SPD aus dem Tief helfen, fügte Kipping hinzu. "Was Nahles liefert, ist aber keine echte Abkehr." Auch Teile des linken SPD-Flügels forderten den Verzicht auf Sanktionen und eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze. Zwar sei "jede Korrektur am aktuellen System, jede Verbesserung der Lebenssituation von Hartz-IV-Beziehern zu begrüßen" sagte die Vorsitzende des "Forums Demokratische Linke 21", Hilde Mattheis, ebenfalls dem "Tagesspiegel". Nahles' Ankündigung verrate aber "keinen neuen Blick auf den Sozialstaat". Notwendig sei "eine generelle Reform, die etwa bei den Regelsätzen ansetzt und Sanktionen fallenlässt." Die Arbeitgeber warnten davor, dass die Pläne Arbeitslosigkeit verfestigen könnten. "Jede Verbesserung muss vorrangig dazu führen, Arbeitslosigkeit zu verringern, anstatt eine Verlängerung zu verwalten", sagte Arbeitgeberpräsident Ingo Kramer. Die SPD-Vorschläge bauten keine Brücken in Beschäftigung. Nahles will nach eigenen Angaben mit CDU und CSU ausloten, welche Vorschläge schnell Regierungshandeln werden könnten. "Bei einigen Punkten bin ich optimistisch, etwa beim Wechsel der Aufstocker in den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsagentur", sagte sie dem RND. "Was wir nicht jetzt schaffen, bieten wir für die nächste Koalition an, wie immer die aussehen mag." (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)