Aus der FDP und vom Deutschen Journalistenverband (DJV) kommt scharfe Kritik an den Online-Aktivitäten mehrerer Minister. "Dass die Ministerien teils extensiv Twitter, Facebook und Instagram nutzen, hat eine gefährliche Spirale in Gang gesetzt, weil sachlich-kritisches Hinterfragen unterbunden wird", sagte der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Otto Fricke, der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag). "Der Bürger soll offenbar zum Untertan gemacht werden, der Nachrichten empfangen und glauben soll." Der Effekt sei "verheerend: Misstrauen und Politikverdrossenheit steigen und die Demokratie verarmt". DJV-Chef Frank Überall sagte: "Pressestellen verbreiten selbstproduzierte Inhalte über die Sozialen Netzwerke, in denen Minister grinsend Hände schütteln und Vorzeigeprojekte besuchen." Zugleich würden die Pressestellen "zunehmend ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen". Anfragen würden versanden oder nur ungenügend beantwortet. Auch Überall sprach von Bedrohung. "Die Ministerien betreiben ein Agenda Setting, die Politik versucht vorzugeben, was die vermeintlich wichtigen Themen sind. Komplexe Sachverhalte werden dabei einseitig und verkürzt dargestellt oder fallen ganz unter den Tisch." Anlass der Kritik: Zahlreiche Ministerinnen und Minister wenden sich verstärkt über die Sozialen Netzwerke direkt an die Bürger, etwa durch Videos, die von eigenen Mitarbeitern gedreht werden. Als Vorreiter gilt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU), dessen Presseteam 2018 einen "Neuigkeiten-Raum" mit 14 Mitarbeitern einrichtete. Der Etat für Öffentlichkeitsarbeit seines Hauses wuchs binnen Jahresfrist von 1,008 Millionen auf 2,519 Millionen Euro. Das Bundesfamilienministerium verwendet in diesem Jahr 200.000 Euro allein für online-basierte Öffentlichkeitsarbeit, knapp viermal so viel wie 2014, wie aus einer Antwort des Bundespresseamtes auf eine Anfrage der FDP-Fraktion hervorgeht, die der "Neuen Osnabrücker Zeitung" vorliegt. Für Sponsoring in Sozialen Medien gab die Bundesregierung 2017 rund 4,7 Millionen Euro aus, 2010 waren es weniger als 80.000 Euro. Fricke forderte die Regierungsparteien auf, den Ministerien kein Geld "für reine Selbstinszenierung" zu bewilligen. Dem Steuerzahler sei es "nicht zuzumuten, Minister-Propaganda zu finanzieren". DJV-Chef Überall sieht die Parteien im Bundestag "dringend gefordert, diesem Trend entgegenzutreten". Auch im digitalen Zeitalter "bleibt es die Aufgabe von Journalisten, die wichtigen Informationen zu filtern und Schönfärberei von Fakten zu unterscheiden".
Das Armutsrisiko in Deutschland ist einer Studie zufolge in den vergangenen Jahrzehnten vor allem für junge Menschen und Bewohner von Städten gestiegen. Während der Anteil der Menschen mit niedrigem Einkommen seit den 1990er-Jahren bis zum Jahr 2016 insgesamt auf 16,6 Prozent stieg, waren unter den 18- bis 24-Jährigen zu diesem Zeitpunkt 28 Prozent von Armut bedroht, wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) am Dienstag in Berlin mitteilte. In der Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen waren es knapp 23 Prozent, die über weniger als 60 Prozent des mittleren Haushaltsnettoeinkommens verfügten. Insgesamt profitierte die Mehrheit der Bevölkerung laut DIW zwischen 1991 und 2016 von steigenden Einkommen. Das verfügbare reale Haushaltsnettoeinkommen sei in dieser Zeit um im Schnitt 18 Prozent gewachsen. Gleichzeitig habe aber die Ungleichheit der Einkommen zugenommen. So nahmen die Einkommen der obersten zehn Prozent um 35 Prozent zu. Bei den untersten 10 Prozent hingegen sanken sie sogar. Eine Erklärung für die geringeren Zuwächse im unteren Lohnbereich könnte den Autoren zufolge allerdings auch die Zuwanderung sein, da Migranten in den ersten Jahren oftmals weniger Einkommen erzielten. Die Forscher werteten für ihre Studie Daten des Sozio-oekonomischen Panels aus. Als Erklärung für den stärkeren Zuwachs unter jüngeren Menschen zogen die Autoren der Studie einen ausgeweiteten Niedriglohnsektor und Erwerbsunterbrechungen für die Familie heran. In der Gruppe der 18- bis 24-Jährigen spiele hingegen das geringere Einkommen in der Ausbildung oder im Studium oftmals die Hauptrolle. Zugleich habe sich der Anteil der Niedrigeinkommen in Haushalten mit mehreren Personen, aber nur einem Erwerbstätigen, innerhalb von rund 20 Jahren auf etwa 30 Prozent verdoppelt, hieß es. In Städten nahm das Armutsrisiko in diesem Zeitraum den Angaben zufolge stärker zu als in kleineren Orten. Abhängig von der Gemeindegröße schwankte es im Jahr 1996 zwischen rund 9 und 13 Prozent. In kleinen Gemeinden mit weniger als 20.000 Einwohnern stieg das Risiko seitdem nur um 2 bis 3 Prozentpunkte, in Städten hingegen um 7 bis 10. Ein Grund dürfte die verstärkte Zuwanderung sein, erklärten die Forscher. Diese Entwicklung sei besorgniserregend, weil die steigenden Wohnkosten dabei noch nicht berücksichtigt seien. (Familienbund der Katholiken/Sascha Nicolai/KNA)